Pflegebedürftigkeit und Pflegebegutachtung
Durch das zweite Pflegestärkungsgestz (PSG II) wurde das System mit den drei Pflegestufen zum 01.01.2017 durch das Begutachtungsinstrument aus fünf Pflegegraden ersetzt.
Im Mittelpunkt der Begutachtung steht der Mensch mit seinen noch vorhandenen Fähigkeiten. Entscheidend für die Einstufung in die Pflegegrade ist der Grad der Selbstständig.
Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate bestehen. Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit.
Schritt für Schritt zum Pflegegrad
Um finanzielle Unterstützung durch die Pflegekasse zu erhalten, muss als Erstes ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt werden. Insofern die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und in den letzten 10 Jahren mindestens zwei Jahre in die Pflegekasse einbezahlt wurde.
Wo muss der Antrag gestellt werden?
--> bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person
Wie kann der Antrag gestellt werden?
--> entweder telefonisch bei der Pflegekasse den Antrag anfordern,
--> oder auf den Webseiten der Pflegekassen. Oft sind Online Anträge möglich oder der Antrag kann heruntergeladen werden,
--> oder in schriftlicher Form, als formlosen Antrag,
--> oder bei den verschiedensten Beratungsstellen.
Sie können sich zum Ausfüllen des Antrags Unterstützung, z.B. durch die Mitarbeiter des Pflegestützpunktes, holen.
Nachdem der ausgefüllte Antrag an die Pflegekasse weitergeleitet wurde, beauftragt die Pflegekasse den MD (Medizinischen Dienst) bei gesetzlich Versicherten oder Medicproof bei privat Versicherten.
Die Terminmitteilung zur Begutachtung erfolgt dann druch den MD oder Medicproof per Brief. Der Termin wird immer im zwei Stunden Zeitfenster angegeben, z.B. von 09:00- 11:00 Uhr. Das hat den Hintergrund, dass die Ankunftszeit der Pflegefachkraft von den vorherigen Begutachtungen und dem Verkehrsaufkommen abhängt.
Gut zu wissen:
Wenn die pflegebedürftige Person den Termin absagt, dann kann es bis zu einem halben Jahr dauern, bis ein erneuter Begutachtungstermin festgelegt wird. Daher den Termin nur aus wichtigen Gründen, wie z.B. ein wichtiger Arzttermin oder Krankenhausaufenthalt, absagen.
Da die Zahl der Pflegebedürftigen und somit auch die Zahl der Begutachtungen stetig steigt, wurde zur schnellen pflegerischen Versorgung das strukturierte Telefoninterview eingeführt. Seit dem 01.01.2024 ist dies nun im Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) festegelegt worden. Erstbegutachtungen finden weiterhin als Hausbesuch statt, aber Höherstufungen oder Wiederholungsbegutachtungen können als telefonische Pflegebegutachtung stattfinden.
Der Fragebogen oder auch Selbstauskunftsbogen genannt, wird mit der Terminmitteilung des MD oder Medicproof mitgeschickt.
Dies dient zur Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung. Dieser muss in der Regel nicht zurück geschickt werden, sondern bei der Pflegebegutachtung vorgelegt werden.
Dort werden Angaben zur betroffenen Person, den behandelten Ärzten, den Medikamenten, den Therapien, den Hilfsmitteln, durch wen die Pflege erfolgt usw. gemacht.
Wie bereitet man sich auf die Pflegebegutachtung vor?
Vor dem Besuch des MD sollten nach Möglichkeit folgende Unterlagen im Vorfeld organisiert und bereitgelegt werden:
- ausgefüllter Selbstauskunftsbogen
- Schwerbehindertenausweis (falls vorhanden)
- Pflegedokumentation (sofern bereits ein Pflegedienst die Versorgung macht)
- Notizen zur Pflegesituation bzw. zum Pflegeverlauf (Pflegetagebuch)
- Liste mit Kontaktdaten aller Personen, die an der Pflege beteiligt sind
(wichtig, da u.U. für die Pflegeperson/-en Rentenbeiträge gezahlt werden können)
- Notieren Sie sich alle Fragen, die Sie bei der Begutachtung stellen möchten
- ggf. Liste, welche Probleme die Wohnsituation aufweist oder welche Hilfsmittel benötigt werden (Der MD kann Hilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen direkt bewilligen)
- Bereiten Sie die betroffene Person auf die Begutachtung vor
Zudem ist er Status Quo des Wohnraums völlig in Ordnung. Es empfiehlt sich, dass die betroffene Person von der Pflegeperson während der Begutachtung begleitet wird.
Wichtig ist, dass nichts verschwiegen wird und dass man ehrlich ist.
Wie viele Pflegegrade gibt es?
Es gibt fünf Pflegegrade, die sich nach dem ermittelten Punktwert richten und anzeigen, wie viel Selbstständigkeit noch vorhanden ist.

Wie wird der Pflegegrad ermittelt?
--> durch das sogenannte Begutachtungsinstrument
Die Selbstständigkeit wird in folgenden Bereichen berurteilt.
Aufbau:

Module
1 |
Mobilität (z. B. Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Treppensteigen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereiches) |
2 |
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z. B. Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche und zeitliche Orientierung, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Erkennen von Risiken und Gefahren) |
3 |
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z. B. Verhaltensauffälligkeiten, Ängste, Antriebslosigkeit, nächtliche Unruhe) |
4 |
Selbstversorgung (z. B. Waschen, Duschen, Baden, Körperpflege, An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme) |
5 |
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (in Bezug auf Medikation, Besuch von Ärzten/Therapeuten) |
6 |
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (z. B. Gestaltung des Tagesablaufs, Ruhen, Schlafen, Kontaktpflege zu anderen Personen) |
Wie geht es nach der Pflegebegutachtung weiter?
- Die Pflegefachkraft des MD übermittelt das Ergebnis der Pflegebegutachtung an die zuständige Pflegekasse weiter.
- Die Entscheidung über den Pflegegrad triftt dann die Pflegekasse.
- Bescheid wird erlassen und Sie erhalten die Entscheidung.
- Möglichkeit a = Bewilligung des Antrages
Möglichkeit b = Ablehnung des Antrages
Möglichkeit c = Sie sind mit dem bewilligten Pflegegrad bzw. der Ablehnung
nicht einverstanden.
=> Sie können Widerspruch einlegen
Gegen den Bescheid der Pflegekassen kann innerhalb von vier Wochen ein formloser, schriftlicher Widerspruch eingelegt werden. Eine detaillierte Begründung kann dann nachgereicht werden. Im Widerspruch sollten die genauen Gründe anhand der Module dargelegt werden.
Fragen und Antworten zum Thema Antrag auf Pflegeleistungen und zur Begutachtung finden Sie hier: https://www.md-bayern.de/haeufige-fragen-und-antworten
Bei Fragen zum Gutachten empfehlen wir Ihnen, über das Servicetelefon Pflege Kontakt mit dem MD Bayern aufzunehmen.
Für privat Versicherte ist Medicproof, der medizinische Dienst der Privaten zuständig.
Gerne können Sie sich bei Fragen auch an den Pflegestützpunkt Günzburg wenden. Wir bieten auch Widerspruchberatung (aber keine Rechtsberatung) an.
Der Pflegestützpunkt Günzburg bietet zudem Begleitung und Unterstützung bei der Pflegebegutachtung an.
Melden Sie sich gerne!